e.

[96] Martens Martens Göse

Sünd ok all to böse.

Hier en Stohl

Und dar en Stohl,[96]

Up jeden Stohl en Küssen

Un dar en Pannkok twüschen,

Un harr ick nicks van'n Pannkok krägen,

So weer de Panne bursten.

Holt een Seil,

Holt twee Seil,

Holt dreemal up den witten Weg.

Moder, sitt min Dok och rech?

Ick kam vernabend nich wedder.

Kummst du vernabend nich wedder,

So hal ick Jakob Janssen,

De schall di lären danssen,

De schall di lären Trummel slan,

Darmit will wi nan Bedde gahn.

(Jever, vgl. 307c.)


In Vechta ziehen jetzt, wenn Ende August oder Anfang September die Abende länger werden, mildes Wetter herrscht, und der Mond am Himmel steht, die Kinder mit Lampions über die Straßen (St. Martin ist vergessen) und singen:


Bummela, Bummelaterne,

So gehen wir so gerne,

Wohl auf und wohl ab.

Das Licht ist aus,

Wir gehn nach Haus,

Und kommen morgen wieder

Und singen frohe Lieder.

Sonne, Mond und Sterne

Sind alle meine Laterne.

Lat us nich tau lange stoahn,

Denn wi möt noch wieder goahn

Na Brämen, na Brämen,

In Brämen doar is Market,

Dor köf use Mauder 'n Härink,

Use Voader 'n Stück, use Mauder 'n Stück,

De Kinner kriegt de Brägen,

De könnt se gaud verdrägen.


Auf eine Bettelei ist es bei diesen Gängen nicht abgesehen, nur hin und wieder bleibt wohl eine Gruppe vor einem Hause stehen, das als freigebig bekannt ist. Der obige Gesang findet sich auch in Bremen. Nach einer Zeitungsnachricht sang man dort von 1872 ab:[97]


Sonne, Mond und Sterne

Erleuchten die Laterne,

Die Laterne ist so schön,

Da kann man mit spazieren gehn,

In den grünen Wald,

Wo die Büchse knallt.

Morgen is Freemarkt,

Dann geiht mine Mudder na'n Markt

Un kofft 'n suren Hering;

Min Vadder 'n Stück, min Mudder 'n Stück,

De Kinder kriegt den Rägen,

Den känt se god verdrägen.

Brenne auf, mein Licht,

Brenne auf, mein Licht,

Nur meine liebe Laterne nicht.


Als es noch in Vechta und Umgegend an Geschäften jeder Art fehlte, war der Verkehr mit Bremen stark, stärker als jetzt in der Zeit der Eisenbahnen. Möglich, das von dorther das Lied eingeführt und dann mit den Jahren etwas umgestaltet ist.

Anklänge an das Jeversche Lied unter e findet man im Osnabrückischen:


Sünte Marten Gäuse,

De Lüe sind so böse,

Willt us nix mehr giewen.

Riet' up de Siegen (Ziegen),

Van de Siegen up den Buk,

Dar sitt de olle Giezhals up.


Anklänge an das Dammesche Lied unter b findet man in dem Liede, das die Kinder in Haselünne (über Löningen hinaus) singen:


Sünner Märtens Vögelken,

Heff so'n rot Kögelken,

Heff so rot Röcksken an.

Heisa Sünner Märtens Mann,

De us woll wat gäwen kann.

Sünner Märten in'n Garen (Garten)

Mit Bielen un mit Baren (Barten),

Mit Gaffeln un mit Stangen,

Da kann man Sünne Märten mit fangen.

Heisa, Sünne Martens Mann.[98]

Einen Kauken gäwen,

Da kann man nich lange van läwen,

Einen Kauken sünner Krut,

Tauken Jahr 'ne junge Brut!

Lat us nich tau lange stahn,

Wi willt 'n Hüsken wiedergahn,

Allverdan, allverdan,

Tauken Jahr en jungen Mann.


Spottreim, wenn nichts gegeben ist:


Einen Kauken gäwen,

Da kann man nicht lange van läwen,

Einen Kauken sünner Krut

Dar kiek der gitzige Düwel ut.


In Emden und Aurich singen die Kinder:


Sünder Martens Vögel

Kip Kap Kögel

Wull so wiet fleigen

All öwer den Rhin.

Hei ji Sünder Martens Vögel nich siehn?

Sünder Martens Göse

Sünd ok gar to böse.

– – – – – – – – –

Bawen wahnt de rike Mann,

De us woll wat gäwen kann.

Rieke Mann to Perde.

Use lewe Heere

De lett wassen

Good Koorn un good Flassen,

Good Korn un good Liensaat,

Froke, is dat gien good Husgerat?


Unter Martinsvogel ist hier überall die Gans gemeint. St. Martin wird mit der Gans abgebildet, weil er nach der Legende, um sich der Wahl zum Bischofe zu entziehen, flüchtete und dabei in eine Gänseherde geriet, die durch ihr Schnattern sein Versteck verriet. Die Verspeisung der Martinsgans ist im Oldenburgischen wohl kaum üblich, sicherlich nicht allgemeiner Volksgebrauch. In früherer Zeit war auf Martini-Tag die Gans ein Gericht, das nicht fehlen durfte in gut situirten Häusern. Als Vechta noch münstersch war, fuhr alljährlich um Martini ein vierspänniger wohl beladener Gänsewagen nach Münster. Der Vechter Rentmeister schickte mehrere[99] Dutzend wohlbeleibter Gänse dorthin, die mehr oder weniger alle in die Hofküche wanderten. Man war in der Residenz des Lobes voll des Ländchens, das seinen Bewohnern solche Genüsse spendete.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 96-100.
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